Aktuelles, Startseite, Stellungnahmen

Schulsozialarbeit in NRW sichern und flächendeckend qualifiziert ausbauen – Aufruf an Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft,

wir freuen uns sehr über Ihr klares Bekenntnis zur Schulsozialarbeit in NRW, welches Sie in Ihrer Grundsatzrede auf dem SPD-Landesparteitag am 24.09.2016 in Bochum abgegeben haben. Gleichzeitig begrüßen wir, dass Sie durch  Ihre zähen und erfolgreichen Verhandlungen zur Neuregelung des Länderfinanzausgleiches für unser Bundesland neue Finanzressourcen gesichert und politische Handlungsspielräume geschaffen haben. In diesen Verhandlungen ist deutlich geworden, dass der Bund aufgrund des Kooperationsverbotes im Bildungswesen weiterhin nur Anschubfinanzierungen (aktuelles Beispiel: Digitalisierung der Schulen) leisten wird. Wir fordern Sie deshalb auf, jetzt in Kooperation mit der Vereinigung der kommunalen Spitzenverbänden in NRW den längst überfälligen, flächendeckenden, qualifizierten Ausbau der Schulsozialarbeit an allen Schulen und Schulformen zu planen, zu finanzieren und einen Masterplan zur Umsetzung zu verabschieden.

Wir rufen Sie auf, gemeinsam mit den für Schulsozialarbeit verantwortlichen Ministern und Ministerinnen Ihrer Regierung in den laufenden Haushaltsverhandlungen richtungsweisende Entscheidungen zu treffen:

  1. Entfristung aller befristeten Stellen
    Fügen Sie der Einstellung der 47.5 Mill. € zur BuT-Folgefinanzierung im Haushalt 2017 eine Verfügungsermächtigung für das Haushaltsjahr 2018 hinzu. Mit dieser Klausel schaffen Sie einen rechtsverbindlichen Rahmen dafür, dass die Mittel legislaturübergreifend 2018 erneut eingestellt werden müssen und damit der Grundstein für eine Entfristung der Stellen durch eine dauerhafte Finanzierung gelegt wird. In der Auseinandersetzung mit dem Bund können Sie diese Leistungen des Landes ggf. einklagen und zurückfordern.
  2. Sicherung aller Stellen aus dem Hauptschulbereich
    Im Hauptschulkapitel hat die ehemalige Bildungsministerin Sommer 250 Zuschlagstellen für Schulsozialarbeit geschaffen, die nicht auf das Lehrerdeputat angerechnet werden. Setzen Sie fest, dass diese Stellen proportional zur Abnahme der Schülerschaft an den noch verbliebenen Hauptschulen und zur Zunahme der Schülerschaft an anderen Schulformen in deren Schulkapitel verlagert werden. Dabei müssen diese Stellen Zuschlagstellen und unbefristet bleiben.
  3. Sockelversorgung an allen Schulen
    Schaffen Sie an allen Schulen eine Sockelversorgung (1 Fachkraft pro Schule). Stellen Sie sicher, dass bei den neu gegründeten Schulen diese Sockelversorgung  im Gründungskollegium (aktuelle Regelung: erst ab Ausbau in der Jahrgangsstufe 8) zur Verfügung steht . Stellen Sie dazu die notwendigen Mittel für diese Zuschlagstellen in das Schulkapitel ein.

So  können Sie den Fachkräften für Schulsozialarbeit und den Schulgemeinden in NRW glaubhaft machen, dass die jetzigen Zielformulierungen keine politischen Worthülsen sondern Teil eines Handlungsplanes sind. Ansonsten ist folgendes Prozedere vorhersehbar:

  • Am 01.03.2017 werden rund die Hälfte aller Fachkräfte für Schulsozialarbeit (ca. 1500), die ihre Zukunft durch gesicherte Einkünfte in unbefristeten Jobs sichern wollen, die Arbeitsagentur für Arbeit aufsuchen und sich arbeitssuchend melden. Dort werden sie erfahren, dass zur Zeit die Anzahl der freien Stellen für qualifizierte Sozialarbeiter*innen/-pädagogen*innen groß ist, so dass sie nach einer Kündigungsfrist von drei Monaten am 01.06.2017 in andere Anstellungen wechseln können.
  • Diese Aktion wird – wie 2013 – vom Aktionsbündnis für den Erhalt der Stellen und von uns öffentlich gemacht.
  • Unsere Kollegen*innen arbeiten je nach Träger und Arbeitsauftrag an 1-5 Schulen – das sind ein Drittel der rund 6000 Schulen in NRW. An diesen Schulen werden ein Drittel der Kinder und Jugendlichen beschult, also rund 500.000 Schülerinnen und Schüler. Deren Erziehungsberechtigten sowie die Schulleitungen und die Lehrkräfte der betroffenen Kollegien werden empört sein, weil sie erneut Gefahr laufen,  durch den Verlust des sozialpädagogischen Personals auf das fachspezifische Wissen, die umfassenden Netzwerke und die erfolgreiche Beziehungsarbeit verzichten zu müssen.  Sie werden – so wie Mitte 2013 auch – gemeinsam dagegen protestieren und sich fragen, ob Sie bereits vor der Wahl Versprechen brechen.
  • Zwei Monate vor der Landtagswahl werden Sie / wird die SPD  gegenüber rund 1 Mill. Wähler*innen in Erklärungsnot kommen.

Denn wie heißt es in Ihrem Wahlprogramm:

„In keinem anderen Flächenland sind so viele Kinder und Jugendliche in einer schwierigen sozialen Lage wie bei uns in NRW. Hinzu kommen der anhaltende Strukturwandel, die überwiegend großstädtischen Strukturen und ein hoher Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. All dies fordert uns zusätzlich heraus und erfordert den zusätzlichen Einsatz von Personal und Finanzmitteln.“

Gerne stehen wir Ihnen mit unserer Expertise für konstruktive Gespräche zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Wolfgang Foltin

 

LandesArbeitsGemeinschaft
Schulsozialarbeit
NRW e.V.
Wolfgang Foltin
1. Vorsitzender